Pragmatisches Einstehen für die Interessen der Schweiz
15. Januar 2022 – 15. Januar 2022 – Anlässlich der Fraktionsklausur diskutierte Die Mitte das weitere Vorgehen im Europa-Dossier. Seit der Bundesrat im Mai 2021 entschieden hat, die Verhandlungen zum Rahmenabkommen zu beenden, herrscht Stillstand. Die Mitte fordert den Bundesrat nun auf, pragmatisch für die Interessen der Schweiz in Brüssel einzustehen. Dabei ist aus Sicht der Mitte das Gleichgewicht zwischen wirtschaftlicher Vernetzung, grösstmöglicher Souveränität und sozialer Verantwortung zu wahren.
Die Mitte-Fraktion. Die Mitte. EVP. traf sich in Spiez (BE), wo sie sich vertieft mit dem Europa-Dossier befasste. Sie hat unter anderem Prof. Dr. Michael Ambühl, Staatssekretärin Livia Leu sowie aus den Bereichen EWR und EFTA Frau Andrea Entner-Koch und Christophe Zuffery angehört. Auch Stimmen aus den betroffenen Brachen kamen zu Wort: Matthias Leuenberger (scienceindustries), Olivier Straub (GEM) und Werner Luginbühl (ElCom).
Der Bundesrat und sein Aussenminister sind gefordert
Für Die Mitte war bereits vor drei Jahren klar, dass es für die Weiterentwicklung des bilateralen Wegs eine Lösung mit der EU braucht, allerdings nicht zu jedem Preis. Die Mitte hatte Verständnis für den Entscheid des Bundesrats im Mai 2021, als dieser die weiteren Verhandlungen für das damals vorliegende Vertragswerk beendete, und so für alle Seiten Klarheit schaffte. Die Herausforderungen in den Beziehungen mit der EU sind seither allerdings nicht weniger geworden – im Gegenteil. Während die EU sich klar positioniert, fehlt vom Bundesrat bisher eine erkennbare Strategie. Die Mitte fordert, dass das zuständige Aussendepartement seiner Aufgabe gerecht wird und eine rasche, realistische Lagebeurteilung zuhanden des Bundesrates vorlegt, damit dieser über die notwendigen Entscheidungsgrundlagen verfügt. Weitere Verzögerungen in diesem Dossier, insbesondere wenn diese aufgrund von parteipolitischen Partikularinteressen zustandekommen sollten, schaden unserem Land.
Die Mitte fordert pragmatische Lösungen
Es ist im Interesse der Schweiz, dass die Beziehungen zur EU – unserer wichtigsten Handelspartnerin, mit der wir auch zentrale gesellschaftliche Werte teilen – weiterhin auf Augenhöhe stattfinden. Die Mitte stellt aber mit Bedauern fest, dass die EU aktuell nicht gewillt ist, an der seit über zwei Jahrzehnten bewährten Form der Zusammenarbeit festzuhalten. Die Konsequenz davon ist eine mittelfristige Erosion der bestehenden Vereinbarungen zum Nachteil der Schweiz und der EU. Dies ist wohl nur für die SVP ein gangbarer Weg. Gleichzeitig ist ein Beitritt zur EU – wie ihn weite Teile der SP und der Grünen befürworten – für Die Mitte keine Option. «Solche ideologischen Träumereien bringen uns nicht weiter. Die Mitte sieht die Lösung in einem steten, pragmatischen Einstehen für die Interessen der Schweiz; einer wirtschaftlichen Zusammenarbeit mit sozialer Verantwortung», sagt Parteipräsident Gerhard Pfister.
Aus Sicht der Mitte gibt es konkreten Handlungsspielraum, um die Beziehungen mit der EU wieder auf ein nachhaltiges Fundament zu stellen und die bestehenden Blockaden und Nadelstiche aus der Welt zu schaffen. Gerade im Bereich der Dynamisierung der Rechtsübernahme sowie der Streitbeilegung sieht Die Mitte bei bestehenden sektoriellen Abkommen Potenzial, um neue und pragmatische Lösungen für die Weiterentwicklung zu verhandeln. «Der Bundesrat ist daher aufgefordert, für sektorielle Abkommen diejenigen Bereiche festzulegen, in denen eine dynamische Rechtsübernahme und ein Streitschlichtungsmechanismus auch im Interesse der Schweiz sind. Dabei sind diese Regelungen klar, verbindlich und konkret auszugestalten», erklärt Ständerat Benedikt Würth.
Soziale Herausforderungen der Personenfreizügigkeit
Als bürgerliche Partei, für die soziale Verantwortung kein leeres Versprechen ist, stehen besonders die sozialen Herausforderungen der Personenfreizügigkeit im Fokus. Der Schutz des Lohnniveaus und unserer Sozialwerke wie auch die Grundsätze der schweizerischen Migrationspolitik sind für uns nicht verhandelbar. Für Die Mitte ist darum zentral, dass das Personenfreizügigkeitsabkommen sowohl von einer dynamischen Rechtsübernahme als auch von einer Streitschlichtung mit Einbezug EuGH ausgenommen bleibt. «In jedem Fall ist der Bundesrat aufgefordert aufzuzeigen, wie der Schutz des Lohnniveaus und unserer Sozialwerke sowie die Grundsätze der Migrationspolitik gesichert werden kann. Dies zum Beispiel mit griffigen Schutzklauseln. Sollte dies nicht gelingen, befürchtet Die Mitte soziale Verwerfungen und ernstzunehmende Konsequenzen für den Zusammenhalt der Schweiz», sagt Fraktionspräsident Nationalrat Philipp Matthias Bregy.
Die Interessen der Schweiz in Brüssel verteidigen
Zur erfolgreichen Verteidigung der Interessen der Schweiz in Brüssel gehört ein geschicktes Bündeln von für uns annehmbaren Konzessionen: Wie beispielsweise die gezielte dynamische Rechtsübernahme und ein Entgegenkommen bei der Streitbeilegung in definierten Bereichen der sektoriellen Abkommen oder auch eine Verstetigung der Kohäsionszahlungen. Solche Konzession müssen aber immer an konkrete Gegenleistungen geknüpft sein. Vorauseilender Gehorsam seitens der Schweiz mit unilateralen Anpassungen ohne Einbettung in ein konkretes Verhandlungspaket sind aber nicht im Sinne der Mitte. Für eine Einigung erwarten wir auch seitens der EU verbindliche Gegenleistungen: «Wir wollen für die Schweiz, dass wir unverzüglich wieder ungehinderten Zugang zu den Kooperationsprogrammen in Forschung, Bildung und Kultur und die Anerkennung von Äquivalenzen im Bereich der Börsen, Medizinaltechnik oder Maschinenindustrie erhalten», erklärt Nationalrätin Elisabeth Schneider-Schneiter.
Die Schweiz hat dank ihrer offenen Haltung, vielfältigen Gesellschaft, Zuverlässigkeit und Souveränität einen hohen Wohlstand erreicht. Wir wollen, dass dies auch in Zukunft so bleibt. Um dies zu erreichen, muss die Schweiz eine verlässliche Partnerin bleiben, die für ihre Interessen mit Rückgrat einsteht.